KlimaTour de Ländle
- auf der Suche nach den besten Beispielen für erfolgreichen kommunalen Klimaschutz
Die Europäische Union hat im Jahr 2020 die Mission für „100 Climate-Neutral and Smart Cities by 2030“ ins Leben gerufen. Sie will 100 Städte begleiten in die Klimaneutralität bis 2030 als Vorbild für die kommunale Klimaneutralität bis 2050. Beteiligen konnten sich nur Städte über 50.000 Einwohnern. In Baden-Württemberg haben es schließlich Mannheim und Heidelberg geschafft.
Und wer berichtet die große Zahl der erfindungsreichen und mutigen Akteure des kommunalen Klimaschutzes im Übrigen, unterstützt sie in ihren Bemühungen?
Seit fast 30 Jahren beschäftige ich mich mit dem kommunalem Klimaschutz, seit meiner Zeit als Umweltdezernentin im Landratsamt und seit Beginn meiner Amtszeit als Oberbürgermeisterin der Stadt Lörrach. Dem Vorbild der Schweizer Nachbargemeinde folgend wurde Lörrach „Energiestadt“ und eine der ersten Städte im European Energy Award. Die Tätigkeit beim Städtetag hat mir die Vielfalt der Lösungsansätze gezeigt, mit der sich die Rathäuser der Herausforderung des Klimawandels stellen.
Für den #europeanenergyaward setze ich mich auf europäischer Ebene weiter ein. Er ist das beste Konzept für eine praxisorientierte Klimaschutzstrategie auf kommunaler Ebene.
Darüber möchte ich berichten auf meiner KlimaTour de Ländle
, möchte Geschichten erzählen und Kollegen und Kolleginnen berichten über die erfolgreichen Ansätze in ihrer Stadt. Nachgehen möchte ich den Fragen
- Was ist das wichtigste und effektivste Projekt in ihrer Kommune?
- Was hast sie motiviert, dieses Projekt anzugehen?
- Hat die Kommune ein umfassendes Klimaschutz- oder Klimaneutralitätskonzept?
- Nimmt sie teil am European Energy Award?
- Welche Hindernisse waren zu überwinden?
- Rechnet sich das Projekt oder gab es hilfreiche Zuschüsse für die Pilotphase?
Mit der KEA Klimaschutz- und Energieagentur GmbH und den Regionalen Energieagenturen haben wir in Baden-Württemberg eine engagierte und kompetente Beratung für die Kommunen. Die KEA wollte wissen, warum ihre Leistungen nicht noch stärker nachgefragt werden.
In einer Umfrage des KIT (Masterarbeit des KIT-Teilinstituts Wissenschaftskommunikation aus dem Wintersemester 2019/2020) hat sich gezeigt, dass auch wenig klimaaktive Kommunen bis in die Spitze durchaus um den Stellenwert ihrer Aktivitäten wissen. In der großen Mehrheit bestätigen sie:
- Kommunaler Klimaschutz ist Daseinsvorsorge
- Kommunen haben im Klimaschutz eine Vorbildrolle
In den Empfehlungen wird deutlich herausgestellt, dass der Zugang zu Klimaschutz einfach sein muss und die Beratung gerade auch für kleinere Kommunen auf deren Lebenswirklichkeit eingehen muss. Je größer die Stadt, desto eher verfügt sie über Fachämter, die Zugang zu entsprechenden Informationen haben. Je kleiner die Kommune, desto weniger Orientierung hat die Rathausspitze in der Vielfalt der kommunalen Herausforderungen.
Das hat mich motiviert, meine eigene KlimaTour de Ländle
zu unternehmen... Gemeinsam mit meinem Mann fahre ich mit unserem eSmart „Emmele“, mit Bus und Bahn durch Baden-Württemberg. Wir schauen uns die Projekte an und reden mit den Klima-Aktiven. Ich werde laufend berichten auf Instagram @heutebluhmklimaschutz und die Ergebnisse hier auf der Webseite zusammentragen.
Impressionen der KlimaTour de Ländle
Rotmilan gegen Windrad - (k)einer wird gewinnen
Festrede zu "50 Jahre Landesnaturschutzverband"
Naturschutz – Umweltschutz – Klimaschutz…
(Die unveränderte Fassung meiner Rede zur Jubiläumsveranstaltung am 18.9.2021 ist ein Blitzlicht aus der damaligen Aktualität heraus. Manches wurde durch die Task Force Erneuerbare Energien beim Staatsministerium beherzt angefasst. Anderes wir die durchgreifenden Vereinfachungen beim Ökopunktesystem harren der Umsetzung.)
„Zwischen Frust und Freude“ haben Sie Ihre Jubiläums-Chronik betitelt – ein sehr passender Titel! Wer sich wie ich über Jahrzehnte in Verwaltung und Kommunalpolitik bewegt, der hat über die Jahre hinweg voller Freude feststellen können, dass Natur- und Klimaschutz in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind, hat aber auch wieder frustriert Rückschläge hinnehmen müssen. Sie haben als Beispiel den grassierenden Flächenverbrauch genannt. Für mich persönlich war und ist es frustrierend, wenn Konflikte trotz guter fachlicher Ansätze in der ideologischen Konfrontation steckenbleiben.
Naturschutz ist eine Disziplin, die sich aus der Tradition der Verbände heraus zunächst meist um das Individuum kümmert oder gekümmert hat. Denn der individuelle Naturschützer wird aus Liebe zur Kreatur immer auch Individuen vor dem Aussterben retten wollen.
Immer mehr drang Ende der Neunzigerjahre ins Bewusstsein, dass Naturschutz und Artenschutz nicht ohne eine umfassende Einbettung in den Umweltschutz funktionieren. Beispielsweise hat sich in dieser Zeit der Deutsche Bund für Vogelschutz, dem ich seit fast 40 Jahren angehöre, in den NABU verwandelt.
Das war auch die Zeit, in der Allianzen geschmiedet wurden. Man begann, sich zusammenzuschließen, um im Verbund die Ziele zu erreichen, Planungen zu hinterfragen und neue Räume für den Schutz unserer Arten zu schaffen. Es war die Zeit der beginnenden Konfrontation zwischen Umweltverbänden und Politik, der Beginn der Grünen.
Ich erinnere mich daran, als Erste Landesbeamtin zum ersten Mal ein Grundstück erworben zu haben, das nicht unmittelbar den klassischen Aufgaben des Landratsamts und des Landkreises diente. Es war ein Stück Weinberg, das wir so vor der Verbuschung retten konnten und an den Eigentümer zurück verpachtet haben. Er konnte Zuschüsse einwerben. Ausgehend von meinem Interesse für Arten und Landschaft am Kaiserstuhl fand ich so einen Konsens, um die Belange von Artenschutz und wirtschaftlichen Belangen zur Geltung zu bringen.
Die damals geschmiedeten Allianzen sind stark geworden. Nicht selten verändern sie grundsätzlich den Charakter einer Planung und machen sie damit im Interesse des Artenschutzes zukunftsfest. So manches Mal liefern sie indessen auch Bürgerinitiativen und Initiativen von Betroffenen Munition und Material für ihre Intervention. Sie organisieren also nicht selbst Widerstand, sondern ermöglichen ihn auf fachlicher Grundlage.
Viele Jahre war dies das Erfolgsmodell in der Umweltschutzszene, aber auch Grund für Skepsis im kommunalen Bereich.
Und wo stehen wir jetzt?
Fühlte vielleicht anfangs manch ein Bürgermeister so etwas wie heimliche Schadenfreude, dass die Umweltschützer sich nun gegenseitig behindern, sahen sie doch bisher nur ihre klassischen Planungsprozesse durch Artenschutzfragen torpediert , so entwickelt sich der Konflikt zwischen Artenschutz und ökologischen Investitionen in der Zwischenzeit zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem.
„Rotmilan gegen Windrad“ ist da nur ein Konfliktherd. Ähnlich verhält es sich bei Photovoltaik-Anlagen und manch anderer Anlage, die nach Bundesimmissionsschutzgesetz zu genehmigen ist.
Hier kommt der Landesnaturschutzverband ins Spiel. Genau hier kann und muss er eine wichtige Rolle übernehmen und hat diese in der Vergangenheit auch bereits getan.
Entstehung LNV
Die Organisation wurde 1971 als „Aktionsgemeinschaft Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg e. V.“ gegründet und 1976 vom Land Baden-Württemberg als Dachverband nach dem Landesnaturschutzgesetz anerkannt. Die Anerkennung als Naturschutzverband nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) erfolgte 1978.
Ich habe eine Menge gelernt – nicht nur Fakten aus der 50-jährigen Geschichte des LNV, sondern auch über die innere Logik des organisierten Umweltschutzes.
Die Gründung des Landesnaturschutzverbandes fiel in eine umweltpolitisch bewegte Zeit: Der Europarat proklamierte 1966 das Jahr 1970 zum ersten Europäischen Naturschutzjahr. Erklärtes Ziel war es, der europäischen Bevölkerung durch großangelegte nationale Aufklärungs- und Bildungskampagnen ein Bewusstsein für die Umweltprobleme in Europa zu vermitteln. Das Europäische Naturschutzjahr 1970 war die erste europaweite Umweltkampagne mit mehr als 200.000 Aktionen und gilt als Geburtsjahr der modernen Naturschutzbewegung in Europa. Alleine in Deutschland fanden mehr als 500 Veranstaltungen statt.
Der damalige Präsident des Schwäbischen Albvereins, Georg Fahrbach, organisierte mit finanzieller Unterstützung des Landes Baden-Württemberg die Gründung einer „Aktionsgemeinschaft für das Europäische Naturschutzjahr 1970“, die aus verschiedenen Heimat-, Wander- und Naturschutzvereinen bestand. Die Vereinigung organisierte vor allem Veranstaltungen wie Vorträge, Filmvorführungen oder Diskussionsrunden mit Politikern im Naturschutzjahr. Gegen Ende des Jahres 1970 zeichnete sich bei den Verbänden jedoch der Wunsch ab, aus der lockeren und nur für einen konkreten Anlass ins Leben gerufenen Organisationsgemeinschaft einen dauerhaften Verbund mit fester Verbandsstruktur zu gestalten. Ausschlaggebend hierfür war der überwiegend negative Eindruck, den die Verbandsvertreter von den Bemühungen der Landesregierung für den Natur- und Umweltschutz hatten. Fast alle Verbände wünschten sich einen starken Landesnaturschutzverband mit einer wirksamen Vertretung in Stuttgart.
Aus der Erkenntnis heraus, dass Naturschutzverbände bei Entscheidungsträgern mehr Gehör finden, wenn sie ihre Kräfte bündeln und mit einer Stimme sprechen, kam es am 30. März 1971 zur offiziellen Gründung der „Aktionsgemeinschaft Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg e. V.“ (ANU) unter dem ersten Vorsitzenden Georg Fahrbach.
Der LNV legt neben den allgemeinen Arbeitsschwerpunkten regelmäßig Schwerpunktthemen fest, die vertiefend bearbeitet und durch entsprechende (politische) Aufklärungsarbeit verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt werden sollen. Aktuell sind das die Themen Artenschutz, Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) – besonders die naturkundliche Bildung in den Schulen – und eine Reduzierung des Flächenverbrauchs für Siedlung und Verkehr.
Zu den Erfolgen der politischen LNV-Arbeit auf Landesebene zählen unter anderem die fast flächendeckend eingeführten Landschaftserhaltungsverbände (LEV), die für eine qualifizierte Betreuung von Schutzgebieten und Biotopen sorgen; eine Neuausrichtung der Flurneuordnung in Baden-Württemberg, die den ökologischen Mehrwert als erklärtes Ziel hat und sich nicht mehr nur an einer Produktionsoptimierung der Landwirtschaft orientiert; oder die stärkere Beachtung von innerörtlichen Brachen und Leerständen beim Wohnungs- und Gewerbebau und damit weniger Flächenversiegelung. Das mag kleinteilig klingen, aber hier wird die wahre Arbeit geleistet.
Der Schwerpunkt der LNV-Arbeit auf regionaler und lokaler Ebene liegt in der Naturschutzarbeit „vor Ort“ und in deren Koordination. Beispiele sind die Erarbeitung von gemeinsamen Stellungnahmen der Naturschutzvereine zu Planungs- und Zulassungsverfahren im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung oder Gespräche mit Lokalpolitikern durch die Mitglieder der LNV-Arbeitskreise.
Es ist faszinierend, wie der LNV die konkreten Aufgaben vor Ort mit großer Geduld und Leidenschaft wahrnimmt. Es wäre heute weder für die Behörden noch für die Naturschutzverbände vorstellbar, wenn jeder einzelne Verband für sich Stellung nehmen müsste.
Gleichzeitig sind die daraus generierten Erfahrungen und Erkenntnisse die Grundlage der sehr konstruktiven Arbeit auf Landesebene.
Damit haben Städtetag und LNV einen sehr ähnlichen Arbeitsansatz: Individuelle Erfahrungen vor Ort werden koordiniert und generieren eine gemeinsame Haltung.
Wir sind durchaus auch in der Sache meist gemeinsam unterwegs, auch wenn es in Einzelthemen unterschiedliche Schwerpunkte gibt.
Auch Sie, lieber Herr Dr. Bronner, sind ein echter „Kommunaler“, sind Sie doch im Hauptamt kommunaler Umweltbeauftragter beim Gemeindeverwaltungsverband Donaueschingen. Sie sind seit vielen Jahren sehr aktiv in der wichtigen „Arbeitsgemeinschaft Umweltamtsleiter und Umweltbeauftragte“ des Städtetags und sind immer ein wichtiger Ansprechpartner für uns in Fragen des Natur- und Artenschutzes, nicht selten auch für mich persönlich als Sparringspartner. Sie denken dabei den Natur- und Artenschutz schon immer zusammen mit der Frage nach der Umsetzbarkeit vor OrtUns eint das Verständnis, dass heutzutage Allianzen nicht nur innerhalb der Umweltszene erforderlich sind, sondern darüber hinaus.
Wir sind uns einig, dass sich auch Natur- und Artenschutz immer wieder fragen lassen müssen, ob man nicht in manchen Abwägungen von Maximallösungen Abstand nehmen muss, um ein ökologisch und gesellschaftlich vernünftiges Ergebnis zu erzielen.
Artenschutz gegen Klimaschutz
Das Begriffspaar „Artenschutz gegen Klimaschutz“ ist vergleichbar mit der Dyade Freiheit gegen Sicherheit. Ein kompromissloser Artenschutz, der dazu führt, dass wir unsere Klimaziele nicht erreichen können, weil wir beispielsweise den individuellen Schutz von Rotmilanen höher bewerten als den Bau dringend benötigter Windkraftanlagen, zerstört auch die Lebensgrundlage des Rotmilans als Art und ist somit in sich nicht zielführend.
Auf der anderen Seite ist das Vorantreiben der Energiewende ohne Rücksicht auf die Arterhaltung ebenso gefährlich. Unsere Ökosysteme sind komplexe Geflechte aus voneinander abhängigen Arten. Sie übernehmen zahlreiche lebenswichtige Funktionen: sie bestäuben Blüten, sie filtern Wasser, sie sorgen für frische Luft. Neben ihrem Wert an sich bildet die Summe unserer Arten durch diese sogenannten Ökosystemdienstleistungen die in § 1 BNatSchG genannten „Grundlage[n] für Leben und Gesundheit des Menschen“.
Der einzig gangbare Weg im Konflikt zwischen Arten- und Klimaschutz ist, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen. Kompromisse sind hier nicht nur erwünscht, sondern zwingend erforderlich, ja sogar lebenswichtig.
Doch wie könnte ein solcher Kompromiss aussehen?
Zu Beginn sollte die Erstellung von Artenschutzplänen stehen, aus denen die Verbreitung und Populationsgröße planungsrelevanter Arten ersichtlich sind. Diese bilden die wissenschaftlich fundierte Grundlage für die konkrete Güterabwägung und die ausnahmsweise Zulassung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG. Die Pläne sollen nicht nur ein Monitoring des Ist-Zustands sein, sondern die Grundlage für eine zukunftsbezogene Arbeit.
Kompensationsmaßnahmen wie beim Reko-System in Oberschwaben haben wir gemeinsam im Rahmen der Wohnraumallianz gefordert. Die Instrumente sind vorhanden. Es bedarf jedoch der Unterstützung des Umweltministeriums.
Auch in der Anhörung des Umweltausschusses des Landtags zum Klimaschutzgesetz haben die kommunalen Landesverbände diesen Konflikt aufgearbeitet. Denn er ist nicht mehr nur ein Thema vieler Einzelfälle, sondern vielleicht die Fragestellung, an der sich der Erfolg des Klimalandes Baden-Württemberg entscheiden wird.
In unserer Stellungnahme argumentieren wir wie folgt:
- Wir regen an, einen wirksamen und sachgerechten Rechtsrahmen zu schaffen, in dem der Ausbau der erneuerbaren Energien im erforderlichen Maße erfolgen kann. Die Grundlage dafür bietet das bestehende Fachplanungsrecht.
- Derzeit wird der Bau von Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen durch raum- und vor allem fachplanerische Vorgaben in vielen Fällen erschwert. Um den Klimaschutz voranbringen zu können, sollte der Gesetzgeber durch wertende Vorgaben die rechtliche Möglichkeit schaffen, im Rahmen der konkreten, einzelfallbezogenen Abwägungsentscheidung des Planungsträgers dem Klimaschutz Vorrang einzuräumen. Zwischen den Belangen Klimaschutz, Artenschutz, Bodenschutz, Landschaftsschutz usw. muss ein angemessener Ausgleich erzielt werden – jedoch mit dem klarenZiel eines beschleunigten Ausbaus der erneuerbaren Energien.
- Rechtlicher Ansatz könnte das vom Bundesverfassungsgericht geschaffene Prinzip der praktischen Konkordanz sein, wonach einander widerstreitende Grundrechte gegeneinander abgewogen werden sollen. Jedes Rechtsgut soll dabei zu seiner größtmöglichen Bedeutung kommen, ohne dass eines davon komplett zurücktreten muss.
- Hierfür bedarf es sowohl für die Ausweisung der Flächen als auch für die Umsetzung der Vorhaben ergänzender Kriterien und Instrumente innerhalb des Raum- und Fachplanungsrechts. Die Kommunalen Landesverbände haben in diesem Zusammenhang bereits wiederholt das Instrument der Artenschutz-Pläne sowie eininterkommunales Kompensationsflächenmanagement angemahnt, das beim Bau von Infrastrukturvorhaben die typischen Zielkonflikte abmildern und zu großräumigeren Lösungen beitragen könnten. Entsprechend positive Empfehlungen für diese Instrumentarien hatte bereits in der letzten Legislaturperiode auch die Wohnraumallianz ausgesprochen.
Wir Kommunalen sind zutiefst davon überzeugt, dass unser eingeübtes System der Konkordanz auch und gerade in der Austarierung von Konflikten zwischen Klimaschutz und Naturschutz gefordert ist. Das Bundesverfassungsgericht hat bezüglich der Abwägung zwischen zwei Grundrechten diesen Grundsatz der praktischen Konkordanz geprägt. Schon früh hatte es gefordert, dass in solchen Fällen die größtmögliche Verwirklichung jedes Grundrechts anzustreben ist. Das lässt sich auf unser Thema übertragen.
Der Ministerpräsident hat mehrfach aus seiner politischen und fachlichen Perspektive heraus dafür plädiert, Artenschutz nicht am einzelnen Individuum zu orientieren und damit nicht die Genehmigung für ein Windrad an jedem einzelnen Standort von einem individuellen Vogel abhängig zu machen. . Es kommt letztlich auf den Erhalt der Art und nicht des Individuums an. Wenn wir nun aber Flächenziele im Klimaschutzgesetz finden und die Regionalverbände deswegen gehalten sind, großflächig Windparks auszuweisen, liegt es nahe, für diese Fläche eine übergeordnete Abwägung vorzunehmen.
- Artenschutzpläne, die das ganze Land betreffen, sind hilfreich und an mancher Stelle erforderlich, um den Schutzcharakter abwägen zu können. Sie können Grundlage sein für eine Fachplanung, die im Rahmen der angestrebten Überarbeitung des Landesentwicklungsplans Rechtskraft erlangen mag.
- Ein gutes Beispiel für die Zukunft von praktischen Konkordanz-Lösungen ist „Rettet die Bienen“. Hier wurde nach Lösungen gesucht, es wurden Kompromisse gefunden und es wurde beiden Seiten Rechnung getragen. Der LNV hat in dieser Frage sehr besonnen und lösungsorientiert mitgewirkt.
- Im Falle der Entscheidung für das Bauprojekt sollten Ausgleichsmaßnahmen nicht zwingend ortsnah durchgeführt werden müssen, sondern gezielt dort, wo sie den größten Effekt für die Stabilisierung der Art oder eines wichtigen Ökosystems haben.
- Um die Zulassungsverfahren weiter zu beschleunigen und effizienter zu gestalten, wäre der Abschluss von Rahmenverträgen für fachliche Expertise in Form von Planungs- und Gutachterleistungen in der Bauleitplanung denkbar. So könnten Städte und Kommunen nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens Gutachten einholen, ohne Zeit und Ressourcen für ein Ausschreibungsverfahren einsetzen zu müssen.
- Ein rahmenvertraglich gesicherter Expertenpool für Planungs- und Gutachterleistungen, auf den interessierte Kommunen zugreifen können, sorgt dafür, dass die zeitintensive Einzelvergabe von Gutachten nicht mehr erforderlich ist.
Das Land hat hier bereits im Zusammenhang mit der Bürgerbeteiligung eine Servicestelle beim Staatsministerium eingerichtet. Hier könnte man anknüpfen. - Zusätzlich können zukünftig technische Lösungen, wie etwa Vogelerkennungssysteme zur gezielten Abschaltung der Anlagen, die Lage entspannen.
Es ist hier nicht der Ort, und es ist nicht der richtige Zeitpunkt, ja, ich würde meinen zeitlichen Rahmen überspannen, wenn ich dieses Thema fachlich und politisch weiterspinnen wollte. Vielmehr geht es darum aufzuzeigen, dass wir Akteure brauchen, die komplexe Abwägungsprozesse dieser Art mit Fachkunde und Augenmaß begleiten, hinterfragen und gestalten wollen. Diese Akteure brauchen die Kommunen für die Bauleitplanung und für andere Genehmigungsprozesse. Diese Akteure braucht das Land, um sein großes Ziel der Flächenbereitstellung für erneuerbare Energien umzusetzen.
- Gut zu wissen, dass wir in einem Boot sitzen, sehr geehrter Herr Ministerpräsident!
- Gut, dass wir beide diesen Partner haben!
- Gut, dass wir den Landesnaturschutzverband haben!
Der LNV wird im Jubiläumsjahr eine größere Herausforderung denn je vor sich sehen. Er wird aber auch die größte Chance der letzten Jahre erleben können. Vielen Dank, ihnen persönlich, sehr geehrter Herr Dr. Bronner, für Ihre kritisch-konstruktive Begleitung!
Zu einem Geburtstag bringt man üblicherweise Geschenke mit. Um keine Rollen zu vermischen, kann der Städtetag dem LNV nicht beitreten. Eine Spende für die „Initiative Artenkenntnis“ ist aber sicher ein kleiner Ersatz. Und inhaltlich arbeitet der Städtetag mit zwei Vollzeit-Stellen an den Themen Artenschutz und Klimaschutz und setzt sich so für die gemeinsamen Ziele ein.
Wir freuen uns auch In Zukunft auf eine gute konstruktive und zielführende Zusammenarbeit!